Text, Original, ©Frankfurter Allgemeine Zeitung, Berliner Seiten, 18.06.2002 (Auszug):
 
Schild-Bürger-Streich
Offiziell, aber nicht öffentlich: Das Areal an der Weißenseer Spitze heißt ab heute Caligariplatz
Wer sich in Weißensee nach dem Caligariplatz erkundigt, erfährt selbst von dessen Anwohnern nur ein Kopfschütteln. „Was für ein Platz? Wie der Stummfilm?“ Selbst Taxifahrer zeigen sich ratlos. Der Caligariplatz ist in keinem Stadtplan verzeichnet, in keinem Reiseführer wird auf ihn hingewiesen. Doch die Legende lebt: an der „Weißenseer Spitze“, wo sich die Prenzlauer Allee an die Promenade gleichen Namens verliert und mit der Heinersdorfer Straße ein Dreieck bildet.
Die alte Kastanie dort steht seit etwa achtzig Jahren. So lange fehlen auch die beiden Häuser, die nach dem Ersten Weltkrieg abgerissen wurden. Bebauungspläne hat es viele gegeben, die jedoch nie verwirklicht wurden. Und da sich wohl auch in Zukunft, mangels Investoren, niemand in der Gegend über Baulärm beschweren wird, kam man in der Brotfabrik – dem ersten Haus am Platz – auf die Idee, den deutschen Film zu ehren.
(...).
Was wie ein Schild-Bürger-Streich der Kinobetreiber anmutet, ist mehr als ein Werbegag. In Weißensee ist schon Filmgeschichte geschrieben worden, als der Prenzlauer Berg fast noch ein Neubauviertel war. (...).

 
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