Text, Original, ©Berliner Abendblatt, 11. Jahrgang, Nr. 18, Lokalausgabe Weissensee,
02.05.2001, S. 1 und 3:
Glashaus kämpft für einen Caligari-Platz
Betreiber des Kulturzentrums Brotfabrik wollen Benennung
Weißensee.
Die Brotfabrik in der Prenzlauer Promenade 3 ist ein über die Grenzen
sogar des Großbezirks hinaus bekanntes Kulturzentrum mit Galerie, Bühne,
Kino, Internet- und Medienwerkstatt sowie künftig auch eigener Gastronomie, für die im
Sommer der Platz vor dem Gebäude mitgenutzt werden soll. Nach Ansicht der
Brotfabrik-Betreiber dem Verein Glashaus bedarf dieser Platz aber zweierlei Veränderungen:
einer attraktiven Gestaltung und vor allem eines Namens. Geht es nach dem Verein,
so wird das Kulturzentrum künftig folgende Adresse haben: Brotfabrik am Caligari-Platz.
Autoschlangen brettern zu jeder Tageszeit übers Kopfsteinpflaster und die Tram, die alle paar
Minuten die Prenzlauer Promenade entlangquitscht, trägt auch nicht gerade zur Idylle bei.
Doch da gibt es auch Schönes an der sogenannten Weißenseer Spitze etwa die riesige ,
hundertjährige Kastanie, die im Sommer ihr grünes Dach über den namenlosen Platz vor der
Brotfabrik wölbt und die leuchtendorangefarbene Fassade des Kulturzentrums an der
Prenzlauer Promenade 3, das spätestens seit der Bezirksfusion eine exponierte Lage hat.
Denn nahe der vom gemeinnützigen Verein Glashaus betriebenen Kultureinrichtung treffen
die drei ehemaligen Bezirke zusammen, die heute den Fusionsbezirk Pankow bilden:
Weißensee, Prenzlauer Berg und Pankow. Eben diese Lage macht es
meinen zumindest die Brotfabrikbetreiber
umso bedeutender, dass der seit Jahrzehnten namenlose Platz vor ihrem
Kulturzentrum getauft wird.Wir befinden uns heute an der geografischen Mitte des
Großbezirks, sagt Martin Stahlke, in der Brotfabrik zuständig für die
Öffentlichkeitsarbeit. Es ist einfach schade, wenn ein Platz mit einer solchen Position
keinen Namen hat.
Die Leute vom Verein Glashaus begannen deshalb bereits im vergangenen Jahr, einen
geeigneten Namen zu suchen und nach sorgfältiger Abwägung gab es schließlich einen
klaren Favoriten: Caligari- ein Name, der selbst Filmlaien irgendwie vertraut
klingt. Das Cabinett des Dr. Caligari gehört zu den großen Klassikern der
Kinematografie, erläutert Jörg Fügmann, Verwaltungsleiter in der Brotfabrik.
Er wurde nach seiner Premiere von der Presse als erstes deutsches Filmkunstwerk
überhaupt gefeiert. Und der Name passt auch deshalb so gut für diesen Platz, weil der
Film 1920 in den Weißenseer Ateliers gedreht wurde.
Ob der Wunsch des Vereins Realität wird, ist derzeit allerdings noch nicht abzusehen.
Zunächst haben die Glashaus Leute im Februar einen offiziellen Antrag beim Pankower
Tiefbauamt gestellt und dort, so der zuständige Stadtrat Horst Hartramph(CDU) werden die
Unterlagen zunächst einmal geprüft.
In der Brotfabrik hofft man, dass sich Einwände gegen den Namen Caligari in
Grenzen halten, nicht zuletzt, weil der Platz keine Anwohner hat. Doch auch die
Bezirksverordnetenversammlung und das Berzirksamt müssen dem Namenswunsch
zustimmen. Schon in der Vergangenheit gab es den Platz betreffend immer wieder
Unstimmigkeiten, etwa bezüglich einer möglichen Bebauung dieser Fläche zwischen
Heinersdorfer Straße und Prenzlauer Promenade. Ursprünglich nämlich
Fotos aus den 30er Jahren dokumentieren dies war das Gebäude der
heutigen Brotfabrik das dritte Haus an der Prenzlauer Promenade, damals noch
Uckermarkstraße. Wir vermuten, dass
die ersten beiden Häuser nach Kriegsschäden abgetragen wurden, sagt
Heimatforscher Joachim Bennewitz. Die auf diese Weise entstandene Freifläche sollte
zwischenzeitlich bebaut werde, doch über Entwürfe kamen solcherlei Planungen
nie hinaus.
Heute umgeheben den Platz leine Geschäfte und Werkstätten, sanierte Gründerzeitbauten
und niedrige Kolonistenhäuser. Altes und Neues steht an dieser Stelle, ohne recht zu
einanderzufinden,so Jörg Fügmann. Der Platz könnte für
beides ein neues Zentrum sein Zu diesem Zweck wollen die Brotfabrik Mitarbeiter
ihren Caligari Platz auch optisch aufwerten und neue Nutzungen möglich
mache. An den Plänen für die Umgestaltung sollen nach dem Wunsch des Vereins
Glashaus auch Anwohner, Künstler, Architekten uns Stadtentwickler mitarbeiten.
Doch diePlanphase ist noch Zukunftsmusik, zunächst einmal will Glashaus alles daran
setzen soviel Zustimmung und Unterstützung wie möglich für den Namensantrag zu
bekommen, etwa im Rahmen von öffentlichen Veranstaltungen. So ist unter anderem eine
Open Air Vorführung des Klassikers Das Cabinett des Dr. Caligari mit
live- Musik der Theatergruppe RambaZamba geplant.
Im Großbezirk Pankow hat Glashaus sogar schon zwei Schirmherren für das
Namens-Projekt gefunden: Stadtentwicklungsstadtrat Andreas Bossmann und Kulturstadtrat
Burkhard Kleinert sicherten uns ihre Unterstützung zu, berichtet Martin Stahlke.
Auch Tiefbaustadtrat Horst Hartramph (CDU) hat nichts gegen den Caligari- Platz einzuwenden:
Der Name stellt einen Bezug dar zu dem, was die Brotfabrik macht, sagt
Hartramph. Wir müssen nun sehen, ob der Antrag realisierbar ist.
Joachim Bennewitz vom Verein Weißenseer Heimatfreunde ist ein eifriger Befürworter der
Benennung.Ein Caligari Platz würde die Vergangenheit Weißensee als Filmstadt
wieder aufleben zu lassen.
Bennewitz: Außerdem sollte den verantwortlichen Bezirkspolitikern doch daran
gelegen sein, den Platz und die Gegend aufzuwerten.
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