Dreharbeiten zu "Veritas
vincit"
"Veritas vincit"
mit Mia May
Filmatelier Weißensee
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Filmstadt
Weißensee
Bevor
Weißensee zum Produktionsstandort verschiedener Filmfirmen wurde, hatte
der Film schon durch mehrere "Kintopps" Einzug in den Bezirk erhalten.
Die ganze Welt wurde durch Stars wie Henny Porten, Asta Nielsen oder die
beliebten Aufnahmen von Kaiser Wilhelm II in den kleinen Vorort projiziert.
Mit der Expansion der Filmindustrie in Deutschland kam es zu Platzmangel
in den kleinen Dachateliers der Berliner Innenstadt. Neue Räumlichkeiten
mussten erschlossen werden, um die immer aufwendigeren Produktionen realisieren
zu können. Während die Deutsche Bioskop- Gesellschaft mbH. 1911/12 ein
Gelände in Nowawes, dem späteren Babelsberg erwarb, zog es die 1907 von
Jules Greenbaum gegründete Deutsche Vitascope-Gesellschaft mbH. nach Weißensee.
Erschwingliche Grundstückspreise und die Nähe zum Zentrum machten diesen
Vorort zu einem attraktiven Standort. Im Herbst 1913 nahm die Vitascope
in der Franz-Joseph-Straße ihre Arbeit auf.
Schon vor ihrer Fusion mit der Projektions Aktien-Gesellschaft Union im
Jahre 1914, kurz PAGU genannt, hatte die Vitascope einige Erfolge zu verzeichnen.
Mit "Der Andere" lieferte sie im Jahre 1912 einen Film, den sowohl eine
anspruchsvolle literarische Vorlage (Paul Lindau), als auch Theaterprominenz
wie Albert Bassermann in der Hauptrolle auszeichnete. Für das relativ
neue Medium Film war es in diesen Jahren außerordentlich wichtig, sich
als anspruchsvolles Unterhaltungsangebot zu etablieren, das auch das Bildungsbürgertum
ansprach. Dies gelang der Vitascope mit Max Macks "Der Andere", wobei
die Filmfirma auch mit weniger künstlerisch ambitionierten Produktionen
kommerzielle Erfolge erzielte. Der erste Weltkrieg brachte für die gesamte
Filmindustrie Veränderungen mit sich. Einerseits waren Koproduktionen
mit erfolgreichen ausländischen Filmfirmen wie die französischen Pathe-Freres
nun ausgeschlossen, andererseits stieg die deutsche Produktion aufgrund
der gleichzeitigen Konkurrenzlosigkeit auf dem eigenen Filmbildermarkt
an.
Die Greenbaum-Film GmbH, die aus der früheren Vitascope nach ihrer Trennung
von der PAGU hervorgegangen war, drehte in den Kriegsjahren mehr Filme
als jemals zuvor, darunter waren auch berühmte Reihen wie "Der Hund von
Baskerville" (Regie: R.Meinert) oder die Detektiv-Reihe "Engelbert Fox".
Auch andere Firmen zog es nach Weißensee. Im Sommer 1914 richtete sich
die Continental ebenfalls in der Franz-Joseph Straße ein , deren Ateliers
aber schon ein Jahr später von der Stuart-Webbs Filmcompany Reicher &
Reicher übernommen wurden. Der ehemalige Continental-Mitarbeiter J.May
gründete eine eigene Firma und begann in Konkurrenz zu der Serie mit Stuart
Webbs Detektivgeschichten mit Joe Deebs zu drehen. Nach und nach entwickelte
sich der Filmstandort Weißensee zum Zentrum des Genres Detektivfilm.
Vielleicht war es die eindeutige Unterscheidung zwischen Gut und Böse
und die Gerechtigkeit, die zum Schluß immer siegte, die zu der Beliebtheit
dieses Genres in den chaotischen Kriegsjahren führte.
Nach Ende des Krieges dominierte das Illusionskino, das Geschichten aus
längst vergangenen Zeiten oder an exotischen Schauplätzen zeigte. In Weißensee
entstanden riesige Kulissenwelten wie z.B. der Circus Maximus für die
aufwendige Filmtrilogie "Veritas vincit" von Max Mack.
Neben den ambitionierten Projekten der UFA, entstanden weiterhin auch
zahlreiche Filme, die z.T. heute noch als Klassiker bekannt sind. Die
OHG Decla- Filmgesellschaft Holz & Co, die es mittlerweile auch in die
Franz-Joseph-Straße verschlagen hatte, war ebenfalls darauf aus, die Grenzen
des Films zu erweitern. Der Produzent Erich Pommer vermochte es, die renommiertesten
Filmschaffenden für die Decla zu gewinnen, so kam es auch, dass Fritz
Lang 1919 hier seinen ersten Film "Halbblut" drehte. Eigentlich war er
als Regisseur für die Verfilmung "Das Cabinet des Dr.Caligari" vorgesehen,
eine Aufgabe die jedoch schließlich von seinem Kollegen Robert Wiene übernommen
wurde.
Dieser außergewöhnliche Film sprengte tatsächlich aufgrund seines künstlerischen
Anspruchs und der, wenn auch in der Endfassung versteckten sozialpolitischen
Anspielungen, die damaligen Konventionen.
In den Zwanzigern entstanden immer aufwendigere Produktionen, die immer
wieder zum Bau von großartigen Kulissen führten, die mittlerweile das
Bild von Weißensee prägten. Für "Die Pest in Florenz" verwandelte sich
das Grundstück der Decla in der Franz-Joseph-Straße 9 in den Marktplatz
von Florenz, während die May-Film-Ateliers für "Das indische Grabmahl"
Tempel, Paläste und tropische Gärten errichten ließen.
Nachdem die Jahre der Inflation einen finanziellen Aufschwung für die
meisten Firmen bedeutet hatten, schrumpfte das Kapital der Filmschaffenden
nach der Umstellung auf die Goldmark erheblich. Von 1921 bis 1922 verzeichnete
die Filmproduktion deshalb einen Rückgang von 65% . Konkurse, Pleiten
und Zusammenlegungen wurden zum Alltag in der Filmbranche.
Die Jahre 1928/ 29 stellten eine Zäsur für die gesamte deutsche Filmproduktion
dar, was natürlich auch starken Einfluss auf den Standort Weissensee hatte.
Die Weltwirtschaftskrise, soziale Kämpfe, Arbeitslosigkeit bestimmten
das Lebensgefühl dieser Jahre bis zum Ende der Weimarer Republik. Nach
1933 kam der tragische Umstand hinzu, dass viele Regisseure, Schauspieler
und Autoren verlassen mussten oder wollten. Viele von ihnen blieben weiterhin
in London, Paris oder Hollywood im Filmgeschäft erfolgreich. Obwohl die
Filmproduktion in Weißensee angesichts der sozialen und wirtschaftlichen
Umstände ein schnelles Ende nahm, entstanden hier jedoch viele der wichtigsten
Werke des frühen deutschen Kinos, die auch heute noch nicht in Vergessenheit
geraten sind.
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